Neues vom kleinen Webshop mit den guten Preisen
Wer kennt das nicht – man hat einen Artikel, der ziemlich eindeutig zu beschreiben ist und haut ihn bei Google rein, um zu sehen, was der Markt so hergibt.
In meinem Fall war der Artikel eine Flasche südafrikanischer Rotwein Tamboerskloof Mourvèdre 2020 – Mit diesem Wein hatte ich schon einige schöne Abende und der Vorrat ging zur Neige.
Ich lande also direkt von der Google-Suche auf dem zweiten Link (der gute Preis schimmert schon durch):
Und siehe da – ein Händler scheint den Wein sogar gerade in einer Art Firesale rauszuhauen! Das ist ja weniger als die Hälfte von dem, was ich das letzte Mal bezahlt habe – Irre!
Wie heißt denn der Webshop – Gustomo?
Natürlich bin ich nicht blöde und google gleich nach Gustomo – das führt mich sofort zu der völlig legitimen Webseite gustomo.de .
Ein wunderbares Impressum – Alles gut.
Dann also zurück zu dem Tab mit dem Sonderangebot und gleich mal einen ganzen Karton reingeklickt. Komisch – auch wenn ich bei der Größe einen Karton ausgewählt habe, landet nur eine weitere Flasche im Warenkorb. Seltsam. Egal – dann klickere ich halt so sechs Flaschen rein, bei dem Preis kann man auch ein bisschen arbeiten.
Es ist Freitagabend und wir wollen noch zu Freunden. Also ein wenig Zeitdruck. Achja, übrigens alles auf dem Mäusekino, weil ich auf meine Frau warte. Und deren Ankunftswahrscheinlichkeit ist gleichverteilt in einem Band von 5 bis 30 Minuten. Es ist also so eine Art Zwischendrin-Shopping… Und jetzt will sie gehen – quasi Ankunft am unteren Ende des Zeitbandes.
Also schnell zum Checkout. Bezahlmöglichkeiten gibt es diverse. Hm – irgendwie scheint die Auswahl nur Kreditkarte oder Kreditkarte. Egal, dann halt Kreditkarte. Schnell auf der linken Seite mit dem Auto Fill des Browsers meine privaten Daten rein und dann die Kreditkarteninfo mit dem vollen Programm inklusive CVS.
Dann im Aufstehen schnell noch auf „Place Order“ geklickt und noch während sich der Kreis ewig weiterdreht, schwant mir was für einen Mist ich da gerade gemacht habe.
Meine Kreditkartendaten leuchten und blinken noch schön, während der Kreis sich endlos weiterdreht. Mir wird mit einem Mal klar, dass auf dieser Webseite und in dieser Session nichts mehr weiter passieren wird. Die Webseite hat ihre Mission erfüllt und für ihren Betreiber wieder neue Kreditkartendaten klargemacht.
Jetzt erst schaue ich auf den Shopnamen: gustomo.shop – ein FAKE.
Der große IT-Sicherheitszampano klickt seine Kreditkartendaten in einen FAKESHOP.
Jamie Oliver hat sicher auch nicht sein OK gegeben zu dem Mist:
Der legitime Shop im anderen Tab findet komplett unter gustomo.de statt. Nur halt nicht für meine Kreditkartendaten.
Auf dem Weg zu den Freunden rufe ich die Kreditkarten-Servicenummer an und lasse meine Karte sperren und mir eine neue zuschicken. Der Mann am Telefon fragt mich, ob ich nicht bis zu einer tatsächlichen missbräuchlichen Nutzung warten will, wenn ich mir nicht sicher bin. Bin ich aber leider. Warum warte ich also nicht ab, ob hier tatsächlich Missbrauch stattfindet?
Ganz einfach: Der böse Bube wartet manchmal auch ab und gibt die Kartendaten erst in einigen Tagen oder Wochen weiter. Eine illegitime Transaktion im Anschluss an meinen Blackout wird sofort über die Kreditkarten-App sichtbar und trifft auf meine hohe Aufmerksamkeit. Nach einigen Tagen oder Wochen und weiteren legitimen Transaktionen ist dieser Fauxpas vom Freitagabend schon fast wieder vergessen. Dann werden kleine Beträge belastet, die zwischen meinen Mittagessen und Handy-Pay-Croissants verlorengehen. Daher hilft hier nur das volle Programm.
Was waren meine Fehler?
- Künstliche Hektik und Shopping im Vorübergehen
- Handy statt Laptop oder iPad mit großem Bildschirm
- Auf die Schnelle ist mir der Unterschied zwischen gustomo.de und gustomo.shop nicht aufgefallen.
Was waren die “Red Flags”, die ich übersehen habe?
- Preisunterschiede von 50% für hochwertige Produkte sind in der Online-Welt einfach nicht realistisch – Gier frisst Verstand! (Bekanntes Motiv, aber doch eigentlich nicht bei mir, oder?)
- Offensichtliche Fehlfunktionen in Shops (kein Karton buchbar) deuten auf Fakes hin – hier hat eine KI geholfen einen Webshopmodul so schnell wie möglich zu befüllen. Echte Funktion ist da überflüssig. Ein wahrhaftiger Webshop-Betreiber würde mit einem solchen Fehler nie leben!
- Wenn man mehr Zeit gehabt hätte, hätte man auch erkannt, dass ziemlich schaurige Kunstfarben-Cakes ein Großteil des Angebotes von gustomo.shop ausmachen. Hier hat die KI mal schnell 100 Kuchen mit 50% Rabatt ins Angebot geschossen. (Aber ich war ja blind und habe nur meinen Wein gesehen.)
- Deeplink. Wahrscheinlich sind noch einige andere echte Target-Produkte in dem Sammelsurium versteckt. Aber bei Tageslicht (am Samstag in Ruhe betrachtet) ist gustomo.shop ein echt bescheidener Fakeshop.
Was an den Jungs und Mädels von gustomo.shop wiederum echt cool ist, das muss man Ihnen lassen, ist die klare Ansage unter „About us“: We were established in 2020, focusing on zero sales website sales. STIMMT 100%!
Turning now to an international e-commerce service, it has since become an online retailer selling just about anything you could possibly need or think of. […]
Drei Dinge sind mir an dieser Stelle wichtig zu betonen:
- Mist machen alle im Cybersecurity-Bereich, auch die „Aufgeklärten“. Dann gilt aber auch: das volle NOTFALLPROGRAMM durchziehen und nicht „hoffen“. Sich zu Fehlern bekennen und Hilfe holen (in meinem Fall den Kreditkartenservice). Auf jeden Fall schnell reagieren!
- Weihnachtszeit ist Fakeshop– Zeit: Bloß keine Hektik aufkommen lassen, große Bildschirme und Shops mit echten Details nutzen – Dann habt auch ihr Freude am Schenken!
- Gesunden Menschenverstand walten lassen: Online-Handelsware zum halben Preis in der Vorweihnachtszeit – NO WAY.
Ich hoffe, mein Erlebnis kann dazu beitragen, euer Weihnachtsshopping etwas sicherer zu machen. In diesem Sinne: allen eine schöne Vorweihnachtszeit!
Ulrich Theilacker
Uli ist Mitgründer und Vorstand von PLANET 33. Themen, die ihn begeistern sind innovative Technologien, Cloud-Systeme und IT-Sicherheit.
Ulrich Theilacker
Uli ist Mitgründer und Vorstand von PLANET 33. Themen, die ihn begeistern sind innovative Technologien, Cloud-Systeme und IT-Sicherheit.